
Aufgewachsen ist der Sizilianer mit den langen schwarzen Haaren und den braunen Augen in San Marco d‘Alunzio, einem Dorf mit weniger als 2000 Einwohnern. Schon früh kam er mit Musik in Berührung, da seine beiden Opas sehr musikalisch waren. Der eine Opa war Obmann der ansässigen Musikkapelle (ja, das gibt es in Sizilien auch) und der andere spielte Gitarre für die Familie. Mauro studierte Musik in Messina und Siena, durch ein Erasmus in Eisenstadt lernte er die österreichische Kultur kennen und kam bis nach Tirol, wo er geblieben ist.
Eines seiner Vorbilder in jungen Jahren war Louis Armstrong. Jazz hat Mauro nie wirklich gespielt, aber viele andere Gattungen ausprobiert. Die Alte Musik ist die Richtung, bei der er geblieben ist. In Innsbruck gibt es die weltweit anerkannten „Innsbrucker Festwochen der Alten Musik“, wo Musik aus Mittelalter, Renaissance, Barock und Klassik im Mittelpunkt steht. Jedes Jahr spielt Mauro Musarra im Rahmen der Festwochen am Balkon vom Golden Dachl auf seiner Naturtrompete. Er hat auch schon in einigen Opern mitgewirkt. Der gebürtige Italiener ist auf Konzerten in Österreich, Deutschland und Italien unterwegs, aber auch im Fernen Osten. In der Tokyo Opera City Concert Hall beispielsweise spielte er Musikstücke von Strauß & Co. Die Asiaten haben eine große Affinität zur europäischen Musik.
Seine andere Leidenschaft ist das Weitergeben seiner Kenntnisse an den Nachwuchs. In der Musikschule in Thaur unterrichtet er Kinder in Trompete, Flügelhorn oder Kabinett, denn Blechblasmusikinstrumente sind sein Ding. Mauro liebt es, die Kinder für das Musizieren zu begeistern. Er findet es spannend und auch sehr schön, zu beobachten, wie stolz die Kleinen sind, wenn sie ihre Lernfortschritte selbst erkennen und der Unterricht dadurch immer spaßiger wird.
Mauro sieht nicht nur die Förderung des musikalischen Könnens seiner Schützlinge als seine Aufgabe, sondern auch die Stärkung ihres Selbstbewusstseins. Gerade in der heutigen Zeit gibt es viele, die leider von sich denken, dass sie Dinge nicht schaffen können, weil sie sich für nicht gut genug halten. Der Fortschritt im Unterricht beweist ihnen das Gegenteil. Für Mauro ist es ein wichtiger Bestandteil seiner Tätigkeit, junge Menschen auch in ihrer persönlichen Entwicklung zu fördern.
Die Tiroler Tracht steht ihm ausgezeichnet.
Zur Tiroler Volksmusik hat Mauro einen besonderen Bezug, er schwärmt von der Musikbegeisterung der Tiroler Bevölkerung. Es gibt über 300 Musikkapellen in Tirol. Mauro kennt einige ihrer Mitglieder, die alle mit Leidenschaft und Begeisterung dabei sind. „Die Freude, die diese Musik beim Musizieren und beim Zuhören den Menschen beschert, ist ansteckend.“ Diese Freude kann er nun im besonderen Maße ausleben. Seit wenigen Monaten ist Mauro Musarra Kapellmeister der Musikkapelle Birgitz.
Ein Sizilianer, der den Tiroler Musikant:innen den Ton angibt, wie ist das denn möglich? „Über Kontakte und Freunde bin ich dazu gekommen. Es hat gleich gepasst. Sie haben mich herzlich aufgenommen,“ erzählt Mauro und fügt voller Freude hinzu: „Zu meinem 30. Geburtstag, den ich kürzlich gefeiert habe, hat mich die ganze Musikkapelle mit einem Standl überrascht. Das hat mich so gefreut!“ Diese Erinnerung zaubert ihm ein Lächeln auf die Lippen, eines von vielen während dieses Gespräches. Lachen ist für den jungen Mann sehr wichtig. Die Hälfte des Tages traurig zu verbringen, wäre für ihn undenkbar. Trübsal blasen kommt für ihn nicht in Frage, er bläst lieber auf seiner Trompete.
Mauro mit seiner Trompete bei der Musikkapelle Birgitz anlässlich des 70. Bataillonsfestes in Kematen.
Mauro spricht sehr gutes Deutsch, auch etwas Tirolerisch kommt immer wieder durch. Woher er das so gut kann, wenn er doch erst vor etwas über 8 Jahren nach Tirol gekommen ist, fast gänzlich ohne sprachliche Vorkenntnisse? Er hat es autodidaktisch gelernt. Dass er Deutsch aber so gut sprechen kann, verdankt er den Menschen hier. „Die Tiroler haben mir sehr geholfen, indem sie Geduld hatten und auch immer wieder übersetzt haben.“ Tirolerisch hat er im Gasthaus gelernt. „Zuerst habe ich nur gelacht, weil ich nichts verstanden habe. Mit der Zeit konnte ich immer mehr mitreden.“ Das Tiroler „k“ beherrscht Mauro inzwischen auch sehr gut, ausschlaggebend war wohl sein Lieblingsdialektwort „Pfiat enk“, das ihn gleich amüsiert hat, als er es zum ersten Mal gehört hat.
An die Tiroler Mentalität hat er sich längt gewöhnt, er schätzt sie auch. „Am Anfang waren die Tiroler:innen etwas verschlossen, aber mit der Zeit, wenn jemand schon integriert ist und die Sprache spricht, ist es überhaupt kein Problem, Freunde zu finden. „In Sizilien ist es schon etwas anders, da wird man immer sofort mit ins Haus genommen und es wird gefeiert.“ Mauro lacht. „Das dauert in Tirol ein bisschen länger. Aber dann ist es ganz normal.“ Mauro hat sogar eine starke Tiroler Eigenschaft. „Ich bin stur wie die Tiroler,“ sagt er. „Aber stur im Sinne von etwas erreichen wollen und dranbleiben, von Anfang bis zum Ende,“ fügt er erklärend hinzu.
Zum Ausgleich in seiner Freizeit liest er gerne italienische Texte. Dann muss er nicht nachdenken, obwohl er schon öfters auch in deutscher Sprache denkt. Träumen tut er nach wie vor auf Italienisch. Ein bewusster Traum wäre die räumliche Vereinigung von Sizilien und Tirol, er hätte gerne beides an einer Stelle, denn mit seiner Familie ist er sehr verbunden. Zum Glück sehen sie sich ein paar Mal im Jahr.
Es ist nicht verwunderlich, dass sein Lieblingsplatz in Tirol der Achensee ist. Er erinnert Mauro an sein Heimatdort, das auf einem Hügel liegt, der ins Meer abfällt. Von seinem dortigen Balkon aus sieht er bis zu den Äolischen Inseln. Solche Inseln hat der Achensee nicht, dafür ist die Natur in Tirol so herrlich grün, sogar in der Stadt gibt es viele grüne Bereiche und die Berge sind sehr nah. Mauro findet das wunderbar. Die frische klare Luft könnte sogar ein besonderer Vorteil sein. „In der kälteren Luft hält man sich vielleicht ganz gut,“ sagt der sympathische Wahltiroler und lacht. Ein Lachen, das schon wieder ansteckt.
Auf der Naturtrompete spielt Mauro auf Konzerten in Europa und Fernost.
Zukunft in Tirol
Der Trompeter ist sehr zufrieden mit seinem Leben, stolz auf seine Familie und seine Freunde, die ihn bisher unterstützt haben, die Musikschullehrer, Direktoren. Er ist sehr dankbar für alles. Das strahlt er auch aus. Wo sieht sich das Sprach- und Musiktalent in 10 Jahren? Mauros Antwort folgt prompt: „In Tirol.“
Somit ist Tirol auch in Zukunft für ihn „lei oans“, weil es schon längst zu seiner zweiten Heimat geworden ist. Da fragt man sich doch, ob das nicht Liebe ist?
Si, that’s amore.
Musikschule Hall/Thaur, Musikkapelle Birgitz, Innsbrucker Festwochen der Alten Musik
Video: Jakob Strassl
Fotos: Jakob Strassl, Christina Schwemberger
Weitere Informationen: Blasmusikverband Tirol
schreibt leidenschaftlich gerne Geschichten über die Menschen in Tirol und über Themen, die das Land weiterbringen. Sie ist in Axams zu Hause, wo sie oft mit ihrem Hund in den Bergen unterwegs ist.