Seit 2017 mischen die Milchbuben Markus und Thomas Ehammer die Tiroler Käsewelt auf. Bio-Camembert ist die Passion, mit der sie Frankreich käsekulinarisch herausfordern. Verwegen und erfolgreich.
Cooler Käsekult. Fließende Bewegungen. Sie sind es, die beim Beobachten von Handwerker:innen oft so fesseln. Egal welcher Rohstoff da durch Handwerk verwandelt, veredelt oder geadelt wird – wenn selbst komplizierteste Handgriffe wirken als wären sie kinderleicht, zeigt sich die Meisterschaft. Bei Käsemeister:innen bekommen die handwerklichen Schritte zwischen Milch und Käselaib zudem eine leicht alchimistische Note – passiert auf dem Weg von der Kuh zur Gaumenfreude doch auch jenseits der verschiedenen Aggregatzustände wahrhaft Wundersames. Auch die Biokäserei von Markus und Thomas Ehammer ist so eine Zauberküche. Und das nicht nur, weil der Käse der beiden Milchbuben die Geschmacksknospen auf besondere Weise verzückt.
Mit der vollen Konzentration auf den Camembert, diesen vielschichtig himmlischen Weißschimmelkäse, fordert das Brüderpaar aus Hopfgarten im Brixental die Käsemeister:innen Frankreichs heraus. Diese Verwegenheit lässt flugs an David denken und an Asterix, die Goliath besiegten und die Römer. „Ich bin oft auf Messen, wo auch viele französische Käser:innen sind“, sagt Milchbub Thomas Ehammer – und ergänzt mit einem Schmunzeln: „Da gibt es schon ein gewisses Herabschauen von oben.“
Tja, die Franzosen eben. Sie haben den Camembert erfunden. Und wie so oft, steckt auch hinter diesem g’schmackigen Spross der kulinarischen Grande Nation eine Legende. Die Französische Revolution, ein Priester und eine Bäuerin aus dem Dorf Camembert spielen dabei die entscheidenden Rollen, auch Kaiser Napoléon III. soll sein Händchen im Spiel gehabt haben. Fix ist jedenfalls, dass die französische Camembert-Kunst schon seit ein paar hundert Jahren reift. „Das ist schon eine Challenge, doch werden wir immer besser und irgendwann brauchen wir uns nicht mehr hinter den Franzosen verstecken“, sagt Thomas. Auch wenn es ihnen schwer fällt, dürfen die Franzosen schon jetzt neidisch sein auf diesen Tiroler Camembert, dessen Geschichte mindestens so spannend ist, wie die des Originals.
Der Rehaberhof in Hopfgarten im Brixental spielt in ihr eine entscheidende Rolle. Seit 1654 ist er Heimat und Lebensgrundlage der Familie Ehammer. In der 9. Generation zeigte vor allem Markus, der Jüngste der vier Geschwister, Interesse daran, die Geschichte weiter zu spinnen. „Er hat die landwirtschaftliche Ausbildung und dann die Lehre zum Käser absolviert. Da ist dieses Interesse schon gereift“, erzählt Thomas. Thomas hatte als Tischler gearbeitet und war zur exakt richtigen Zeit auf der Suche nach etwas Neuem. „Markus fragte mich, ob ich mitmachen will und ich sagte: cool, passt, ich bin dabei“, blickt Thomas zurück zum Startschuss. 2016 war das gewesen.
Nachdem sich die Brüder durch so gut wie alle Käse dieser Welt gekostet, ihre Gaumen geschult, allerlei Käsemeister:innen über die Schulter geblickt und sich für Camembert als interessanteste Nische am mit leckerem Bergkäse schon satten Tiroler Markt entschieden hatten, ging es los. In Marketing- und Grafikfragen unterstützt von ihrer Schwester Christina wurden die Milchbuben geboren, der uralte Hof bekam eine brandneue Milchkammer und die Kühe des Rehaberhofs eine neue Aufgabe. Sie muss ihnen richtig Spaß machen, denn ihre Bio-Heumilch verlässt den Hof nicht mehr, sondern wird vor Ort liebe- und kunstvoll in jene Camemberts verwandelt, in denen 100 Prozent Handarbeit, viel Geschmack, Phantasie und Können steckt. Seit Herbst 2017 sind sie eine perfekte Basis dafür sind, die Franzosen vor Neid erblassen zu lassen.