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Sport
August 10, 2023
Dass Innsbruck zu einem Playground für Skater:innen wurde, ist dem Landhausplatz zu verdanken.
Trickreiche Eroberung. Es geht zu schnell, um zu erkennen, wie’s geht. Sie muss es wissen, denn sie wiederholt den Trick immer und immer wieder. Mit dem rechten Fuß bringt sie das Skateboard in Bewegung, der linke steht schon drauf. Dann – und hier wird es für Beobachter:innen ohne Skate-Erfahrung bereits kompliziert – hebt das Skateboard vom Boden ab, die Skaterin tut das auch, das Board dreht sich unter ihr, bis sie es mit dem linken Fuß fängt, den rechten wieder auf dem hinteren Teil platziert, sie kurz weiter fährt, plötzlich stoppt und das Skateboard in die Hand springen lässt. Und schon geht’s wieder von vorne los, ohne Hektik aber mit höchster Konzentration und ganz offensichtlich dem Drang zur Perfektion.
Wie alt die Skaterin ist, kann unmöglich geschätzt werden. Ihr halblanges Haar ist rot, die Mütze schwarz, in einem Ohr trägt sie ein Air Pod, das andere ziert ein Piercing. Locker hängt der Hoodie und ihre Legging fordert nicht ständig die Schwerkraft heraus – wie das die Hosen der Jungs tun, die hier ebenfalls ihre Skate-Tricks üben – an diesem ganz normalen Dienstag, mitten in Innsbruck, auf einem Platz, der diese Dynamik nicht erwarten lässt.

Ein Clou des Unerwarteten ist, dass es nicht geplant werden kann. Logisch. Genau so, also ungeplant und damit auch unerwartet hat die Tiroler Skateboardszene einen der denkwürdigsten Plätze des Landes erobert. War der mitten in Innsbruck gelegene, riesige Landhausplatz über viele Jahre einer gewesen, der nur im Rahmen großer, meist mit Blasmusik umrahmter Feste belebt wurde sonst aber so schnell wie möglich passiert werden wollte, so entwickelte er sich vor ein paar Jahren zu einem ein kultigen Treffpunkt, einem Fixpunkt für Skaterinnen und Skater. Durch ihre Augen betrachtet ist diese Nutzung so logisch, als hätten sie selbst die Planung übernommen, als es vor knapp 15 Jahren darum ging, dem Landhausplatz, der seit 1994 Eduard-Wallnöfer-Platz heißt, ein neues Gesicht zu verleihen. Wie nebenher schaffen sie, was sonst nur mühsam gelingt: Einen lebendigen Bogen zwischen Vergangenheit und Zukunft zu spannen, zwischen einer leichten Jugendkultur und einer schweren Erinnerungskultur. Das Bild des Landhausplatzes wird nicht nur vom Landhaus selbst geprägt, das in der Zeit des Nationalsozialismus gebaut wurde, sondern auch vom 1948 errichteten Befreiungsdenkmal und dem Pogromdenkmal, das an die Innsbrucker Opfer der Novemberpogrome 1938 erinnert. Der Vereinigungsbrunnen, der die Eingemeindung der ehemals eigenständige Dörfer Wilten und Pradl in die Stadt Innsbruck symbolisiert, ist das vierte Denkmal, das im Zuge der 2010 abgeschlossenen Umgestaltung des Platzes neu in Szene gesetzt wurde – um einer neuen Szene Platz zu schaffen.

Die geschwungenen Betonelemente, Stufen und Rampen, Podeste und Hügel des 9.000 Quadratmeter großen Landhausplatzes bilden einen perfekten Spielplatz für Sportler:innen auf rollenden Brettern. Der Landhausplatz gilt schon lange als Skate-Mekka Westösterreichs, doch seit 3. September 2022 muss diese geografische Positionierung fast zwingend globaler werden, denn der erste VVT Landhausplatz Game of SKATE-Contest brachte internationale Skateboard-Größen und Olympiateilnehmer nach Innsbruck, um sich mit lokalen Skater:innen zu messen und ihren Sport zu zelebrieren. Eine Moderatorin des Contests stellte dabei recht treffend fest: „Skateboarding gehört in Innsbruck zum Stadtbild. In the mountains. Nice.“

Skaten ist nicht die einzige Überraschung im Portfolio des Sportlandes Tirol. Rund 245.000 Sportler:innen sind hierzulande in Vereinen organisiert. Eine irre Zahl? Es gibt noch mehr – gleich hier unten…

Skate Halle Innsbruck

Landhausplatz Innsbruck

Skateboard Club Innsbruck