Bewegungsabläufe sichtbar und Menschen dabei zu unterstützen, sie spielerisch richtig zu machen, ist das Ziel von MOTUM. Im Speziallabor für Bewegungswissenschaft wird die individuelle Bewegungs-DNA geknackt und optimiert.
Durchaus verrückt. Der Geistesblitz traf sie sitzend. „Ja, die Vision ist auf einer Bank am Weg auf die Umbrüggler Alm entstanden“, weiß Gerald Schwaninger. Schwaninger ist CEO von Motum, dem Human Performance Institute in Innsbruck. Er erzählt diese Geschichte gerne, schließlich steckt der Startschuss für seinen Traumjob in ihr. Und die Geschichte ist ja auch gut. „Christian Fink und sein mitbester Freund Reinhard Huber hatten auf dieser Bank darüber gesprochen, dass es doch eine Möglichkeit geben müsse, Bewegungsabläufe auf Grundlage von wissenschaftlichen Daten messbar und sichtbar zu machen“, erzählt Schwaninger. Das Gesprächsthema ist nicht unbedingt ein Klassiker auf einer kleinen Wanderrunde mit Freunden. Doch Christian Fink ist Facharzt für Unfallchirurgie und Sporttraumatologie. Reinhard Huber ist Physiotherapeut. Bewegungen sind „ihr Ding“ – berufsbedingt natürlich vor allem jene Bewegungen, die nach Verletzungen oder Operationen wieder schmerzfrei, locker, stark und vor allem richtig fließen sollen. Nicht nur für Sportler ist das der Schlüssel zum Comeback. Der Bewegungsapparat trägt alle Menschen – den ganzen Tag, ein Leben lang. Wer sich falsch bewegt, ein Bein beispielsweise stärker belastet als das andere oder in der Ausübung des Berufes verflixte Fehlhaltungen einnimmt, kann das irgendwann in Form von schmerzhaften Abnützungen zu spüren bekommen. „Kleinigkeiten können der Auslöser sein. Zum Beispiel, wenn eine Kellnerin das Tablett immer nur mit der rechten Hand trägt und dann Schulterschmerzen bekommt“, macht Schwaninger auf Haltungsschwächen aufmerksam, die zu Haltungsschäden führen können.
Weil aber selbst das bestens geschulte Auge eines Therapeuten oder Arztes bei der ultimativen Bewertung der Bewegungsabläufe an seine Grenzen stoßen kann, beschlossen die zwei Freunde, diese Grenzen mithilfe der Digitalisierung, ausgefeilter Sensorik und wissenschaftlicher Daten zu überschreiten. „Das war der Beginn dieser durchaus verrückten Einrichtung“, sagt Schwaninger.
Durchaus verrückt? Wer einen Blick in das Ende 2022 eröffnete Speziallabor für Bewegungswissenschaft wirft, versteht, was er meint. Da hüpft eine Frau, an deren Armen und Beinen Sensoren angebracht sind, zwischen beziehungsweise auf neun eckigen Feldern hin und her. Der große Bildschirm vor ihr zeigt ein Spielfeld mit ebenso neun Feldern wo eine Art digitale Trainerin die Bewegungen vormacht, welchen die Frau im Labor folgt. Es sieht wie eine Virtual Reality-Challenge aus, spielerisch und nach viel Spaß. Das ist es auch, doch der Clou dieser spacig anmutenden Bewegungen steckt im Computer. Dort werden die Bewegungsabläufe haarklein analysiert. „Man kann sichtbar machen, wie so eine Bewegung abläuft und aufgrund der wissenschaftlichen Professionalität und Datenlage im Hintergrund sehen, wo man nicht richtig belastet“, erklärt Gerald Schwaninger.
Diese Erkenntnis ist für ehrgeizige Sportler genauso entscheidend wie für Menschen, die schlicht vermeiden wollen, falsche aber verinnerlichte Fehlbelastungen schmerzhaft zu bereuen. Auf Grundlage der Analyse kann ein Trainingsplan erstellt werden, um „es“ in Zukunft richtig zu machen. „Die Gewohnheit ist ein Teufel. Wenn du aber dein eigenes Bewegungsmuster vor dir siehst, hat das einen ganz anderen Erinnerungsanker und durch das Spüren und Sehen fällt es auch leichter, umzulernen“, weiß Schwaninger, der vor allem den präventiven Ansatz reizvoll findet und betont: „Es geht darum, das Bewegungsverhalten so auszurichten, dass man gesund durchs Leben gehen kann.“ Ein schönes Ziel. Gar nicht verrückt.