"Tirol ist sehr stark aufgeladen. Damit es aber so bleibt, braucht es die beständige Erneuerung, frische Spitzenleistungen und die Nähe zu jungen Menschen.“
Wir treffen uns in der Ludwig-Steub-Stube im Herrenhaus in Brixlegg, einem der schönsten und ältesten Gasthäuser Tirols. Die präzisen Schnitzereien an den Vertäfelungen der Stube, die aus heimischen Hölzern gefertigt ist, zeugen von Tiroler Handwerkskunst und großer Geschichte.
Josef schenkt sich eine Tasse heißen Tee ein. An der Holzwand hinter ihm befindet sich ein geschnitztes Relief des Portraits von Ludwig Steub. Der bayrische Schriftsteller veröffentlichte im Jahr 1846 das Werk „Drei Sommer in Tirol“. Josef erklärt, die besondere Bedeutung dieses Mannes. „Er war der erste Reisejournalist, der über unser Land berichtete,“ erzählt Josef, der lange nach Steub mit Begeisterung ähnliches getan hat: Tirol über die Grenzen hinaus bekannt und beliebt zu machen. Mit Erfolg.
In der Holzwand verewigt: der deutsche Schriftsteller Ludwig Steub, der erste Reisejournalist, der über Tirol berichtet hat.
Entwicklung
Seit mehr als 30 Jahren ist Josef als Geschäftsführer für die Marke Tirol verantwortlich. Fast 25 Jahre lang in der Tirol Werbung, danach in der Lebensraum Tirol Holding GmbH, die unter seiner Leitung 2019 gegründet wurde. Unter dem Dach der Holding wurden als Lebensraum Tirol Gruppe die Tirol Werbung, die Standortagentur Tirol und die Agrarmarketing Tirol zusammengeführt, um ihre Kräfte noch besser gemeinsam unter der beliebten Marke Tirol zu bündeln. „Der Start war nicht leicht. Obwohl die gemeinsame Begeisterung für die Marke Tirol besteht, sind die verschiedenen Interessen aller Branchen und Sektoren zu beachten,“ erinnert sich Josef Margreiter.
Dass es funktioniert, ist längst bewiesen. “Als besonders positiv empfinde ich, wie wir seit der WM 2003 in St. Moritz alle zwei Jahre wieder inmitten der großen Skiwelt oder bei den olympischen Spielen mit allen Sektoren unter der Marke Tirol auftreten. Wenn wir die Spitzen unserer Wissenschaft und Industrie mit ihren Höchstleistungen, ebenso wie unsere Kultur und die landwirtschaftliche Top-Produkte und touristische Highlights in einem medienstarken Sportumfeld präsentieren können, das zu uns passt.“ Josef fügt hinzu: „Besonders schön ist, es wenn man dann hört, dass die Welt staunt, was Tirol kann und wie alles kombiniert wird. Eine Herausforderung bleibt stets, die vielen Interessen und starken Fähigkeiten, die Tirol hat, so in einer Form zu verdichten, dass es Wirkung entfalten und sich international behaupten kann.“ Es gibt noch viel zu tun, aber es geht in die richtige Richtung.
Zukunft
Josef vergleicht die Marke Tirol mit einem großen Schiff, das auch im Sturm seinen Kurs halten kann. „Tirol ist sehr stark aufgeladen. Damit es aber so bleibt, braucht es die beständige Erneuerung, frische Spitzenleistungen und die Nähe zu jungen Menschen.“ Er fügt hinzu: „Tirol muss modern und innovativ sein, aber dennoch den eigenen Wurzeln treu sein. Wer stehen bleibt, verliert an Kraft, Bedeutung und Aufmerksamkeit.“ Ein zukunftsfähiges Tirol ist nur miteinander möglich. Der begeisternde Visionär verrät, was er sich in diesem Zusammenhang wünscht: „Ich wünsche mir auch für die Zukunft, dass das Miteinander, wieder gestärkt wird, trotz Digitalisierung und multiplen Krisen, die uns alle bewegen. Es gibt viele Störfaktoren, dass wir wieder mehr zueinander finden, aber die Basis des gesamten Erfolgens, die wir, alle Menschen in Tirol, letztlich haben, bilden die menschlichen Beziehungen, das Vertrauen zueinander, das Zusammenarbeiten wollen und können. Logisch braucht man auch Fähigkeiten und die Energie dazu, also auch die Ausbildung und das unternehmerische Element. Wenn es uns gelingt, dass die jungen Leute und die Unternehmerinnen und Unternehmer auch zukünftig gern in Tirol bleiben, dann sind wir auf dem richtigen Weg.“.
"Tirol ist sehr stark aufgeladen. Damit es aber so bleibt, braucht es die beständige Erneuerung, frische Spitzenleistungen und die Nähe zu jungen Menschen.“
Verwurzelung
Schon Josefs Kindheit im Unterinntal war geprägt von Zusammenhalt und einem starken Miteinander. Seine Eltern starteten am Bauernhof und haben in Wörgl mit den „Tiroler Stuben“ ein weitum beliebtes Gasthaus aufgebaut. „Ich bin wirklich zwischen den Gästen und den Kühen aufgewachsen,“ erinnert sich Josef und schmunzelt „Am Bauernhof lernt man das Zusammenhelfen. Das ist ganz normal. Wenn Erntezeit ist und Arbeiten zu tun sind, ist die ganze Familie beieinander. Das ist auch heute noch so bei unseren Bergbauern. Es ginge gar nicht anders.“ Im elterlichen Gasthaus begegnete er allen Arten von Menschen und lernte, mit ihnen umzugehen – mit den Entspannten und den weniger Entspannten. Von seiner Mutter erfuhr er, wie gutes Essen schmeckt und was echte Qualität und stilvolle Gastlichkeit bedeuten. Das sind wertvolle Erfahrungen für das ganze Leben.
Als Kind war Josef gern auf der Alm. Das ist wohl einer der Gründe, warum Josef so naturverbunden und sportlich ist. Die kleine Berghütte in den Kitzbühler Alpen ist sein Lieblingskraftplatz. Wenn man ihn fragt, welche Landschaftsfarben sein Inneres am besten beschreiben, fühlt er sich spontan in der schneeweißen Winterlandschaft zuhause. Er liebt die Klarheit, Offenheit und Unendlichkeit der weiten Schneeflächen. Genauso wichtig ist ihm das Grün der Wälder und Wiesen, das Wachsen und Weiterwachsen im Leben. Die warmen Herbsttönen Orange und Rot identifizieren seinen Typus, weil sie für seine Leidenschaft, Kraft, für Lebens- und Kontaktfreude stehen.
Die Kontaktfreude hat ihm immer wieder geholfen, um für die Marke Tirol so ein ausdauernder Netzwerker zu sein. Einen seiner wichtigsten Ratschläge bekam er von einem namhaften Hotelier gleich zu Beginn der Karriere als Direktor der Tirol Werbung: „Geh hinaus zu den Menschen, lass dich überall anschauen!“ Nach Regionalfahrten und Treffen mit den Menschen draußen, die ihm viele wertvolle Begegnungen und Erkenntnisse lieferten, hat sich Josef oft gedacht, wie recht doch der Hotelier hatte. Josef erinnert sich an den Leitspruch seiner Eltern: „Mit Reden kommen d‘Leut z’samm.“ Der Unterlandler findet generell Menschen inspirierend, besonders jene, die unternehmerisches „Feuer in sich tragen.“
Alle Jahre wieder unterwegs: die "Peaschtln", die lautstark böse Wintergeister austreiben.
Traditionen
Die Tirolerinnen und Tiroler erlebt er als mutige, unternehmerische Menschen, sehr erfinderisch und außergewöhnlich gastfreundlich. Dass sie zusammenhalten, zeigt sich in Vereinen, Verbänden, Landjugend, Feuerwehr, Blasmusik und darin, wie selbstverständlich der Nachwuchs in diese Verbundenheit hineinwächst.“ Dieses Vereinswesen und der Zusammenhalt sind für Tirol eine Stärke, um die wir anderenorts oft beneidet werden,“ erklärt Josef.
Kultur und Brauchtum berühren den Unterinntaler immer wieder. Es ist großartig, beim Kirchtag im Höfemuseum in Kramsach dabei zu sein, wo aufmarschiert, aufgespielt, aufgekocht und Handwerk gezeigt wird. Tradition hat für Josef aber nicht nur mit alten Bräuchen zu tun. Auch woanders, etwa im Sport, gibt es inzwischen große Traditionen. Er denkt dabei an die Skiclubs Kitzbühel und Arlberg oder an Weltcupveranstaltungen wie in Sölden.
Bergweihnacht
Unter den alten Traditionen findet Josef die Weihnachtszeit am schönsten. Das beginnt im Advent mit Bräuchen wie dem „Peaschtllaffen“ in Kundl. Beim „Peaschtlaffen“ oder auf Hochdeutsch „Perchtenlaufen“ werden die „Türkenpratschen“ (die trockenen Blätter der Maiskolben nach der Ernte) verknüpft, geschnitten und aufgenäht. Die Buben und Männer sehen dann aus wie Bären mit furchterregenden Masken. Dieser heidnische Brauch dient zur Austreibung der bösen Wintergeister. Es wird getrommelt, geschellt und gesprungen. Die Hexe voraus kehrt den Boden. „Das ist ein Mords-Tamtam, könnte man sagen, aber es entfesselt eine unglaubliche Energie in den Leuten und daher bewundern wir das immer wieder,“ erklärt Josef diese exotische Vorstellung und muss dabei lachen.
Das Schönste aber in der Adventzeit ist der Heilige Abend, wenn Josef mit seiner Frau Gwendolina und den vier Kindern auf der Berghütte zusammenkommen. Josef schlägt den Christbaum selbst im Wald und bringt ihn zur Hütte, wo seine Familie ihn schmückt. Es wird geplaudert, Kekse genascht und ein einfaches Mahl genossen. Es wird miteinander gelacht und gesungen. Das Fest der Liebe strahlt sehr viel Geborgenheit aus, im Kreise der Familie ist das besonders spürbar. Es ist das größte Familienerlebnis des Jahres und die größte Übersetzung, was Heimat für ihn bedeutet: der Ort, wo Familie, Geborgenheit und Sicherheit sind, meistens ist das daheim im Tal, aber manchmal auch hoch droben in der Hütte.
Das sieht nach Tiroler Bergweihnacht aus: Josefs kleine Hütte in den Kitzbüheler Alpen, tief verschneit.
Lebensmotto
Auf Lateinisch kennt man es als „carpe diem“, auf unterlandlerisch bedeutet es: unternehmerisch sein, mit Herz bei der Sache bleiben, immer weitergehen und Gelegenheiten nützen, stets mit wachen Augen für Ideen, Menschen und für die Zukunft. Seine Türen und Fenster für das Neue offenhalten. Ein guter Ratschlag für jeden, der bereit ist für Neues.
Dankbarkeit
Josef ist sehr dankbar für ein gutes Leben in einer friedlichen Zeit, für sein liebevolles Elternhaus, seine Familie, seine liebe Frau aus Belgien, die vier Kinder und das erste Enkelkind – sein größtes Glück.
Für Tirol wünscht er sich eine nachhaltige, „enkeltaugliche“ Entwicklung im Einklang mit der Natur und ein Land, in dem junge Menschen und gute Unternehmen gern bleiben wollen. In 20 oder 30 Jahren, hofft er, sollen die Jungen sagen können, dass Tirol für sie ein achtsames Land geworden ist, in dem man mit frohem Herzen leben kann, in einer gesunden Umwelt, mit gesunden Beziehungen und genügend Freiraum für ihren eigenen Weg.
Video: THNC – Tobias Margreiter
Fotos: THNC – Tobias Margreiter (Titelfoto), Josef Margreiter privat, Christina Schwemberger, Bernhard Berger/Alpbach Tourismus

schreibt leidenschaftlich gerne Geschichten über die Menschen in Tirol und über Themen, die das Land weiterbringen. Sie ist in der Unternehmenskommunikation für die Lebensraum Tirol Gruppe tätig und wohnt in Axams.