Sechs Universitäten und Hochschulen machen Tirol zu einem der größten Wissenschafts- und Hochschulstandorte des Alpenraums.
Alpine Geistesblitz-Gewitter. Das Sprachengewirr ist genau das - verwirrend. Die beiden Joggerinnen machen es auch nicht leichter. Sie plaudern englisch miteinander, doch das heiß ja nicht viel, lassen sich mit Englisch doch viele Barrieren der an Sprachen so reichen Welt überwinden. NY Yankees steht auf der Kappe der einen, Universität Innsbruck auf der Kappe der anderen. Gerade noch wird klar, dass es die Serles sein muss, die das Innsbrucker Cap ziert – und schon sind sie vorbei, die zwei. Sie laufen weiter in Richtung Westen, der Flussrichtung des Inn entgegen, für den diese paar Ufermeter auf seinem langen Weg in die Donau zu den spannendsten zählen müssen. Der Grünstreifen und die zum Sitzen oder Liegen einladend hohe Ufermauer hinter der alten Universität und dem jüngeren Turm der Geisteswissenschaften sind so etwas wie ein quirliger Hotspot für die Studierenden der Stadt. Weil es rund 50 Nationen sind, aus denen sie für entscheidende Lebensjahre nach Innsbruck kommen - und gerne auch bleiben - ist das Geheimnis des Sprachengewirrs rasch gelüftet. Über 40.000 Studentinnen und Studenten prägen das Bild des Alpenlandes als Bildungs- und Wissenschaftsstandort. Sechs Universitäten und Hochschulen sind deren Alma Mater. Sie beleben die Städte Hall, Landeck, Lienz, Kufstein und Innsbruck auf besondere Weise. Wie hier - am Sonnendeck.
Wer das Sonnendeck an einem warmen Abend – etwa im Zuge einer urbanen Hunderunde – passieren will, braucht Zeit. Viele junge Menschen sitzen allein, zu zweit oder in kleinen Grüppchen im Gras – auf Augenhöhe des Hundes quasi, für den es schlicht unmöglich ist, sie zu ignorieren oder schnurstracks zu passieren. Ihm gelingt es auch federleicht, den unsichtbaren Bann, der eine eingeschworen wirkende Dreierrunde umgibt, zu durchbrechen – und das andere Ende der Leine mitzuziehen. Hey, sagt der erste, Hola die zweite und ja Hallo die dritte. Die Einladung, sich dazuzusetzen, folgt prompt und während der Vierbeiner international gekrault wird, erzählen der Däne, die Spanierin und die Tirolerin was sie verbindet. Trailrunning ist die Leidenschaft, die sie mit einer Laufgruppe zwei Mal wöchentlich in die Bergwelt rund um Innsbruck zieht – am liebsten Richtung Nordkette, weil die so prächtig ist und so nah. Prächtig und nah. Ja, das ist sie. Ungestört von dem Zaun, der entlang der Innufermauer aufgestellt wurde, prägt der eindrucksvolle Gebirgszug das Panorama am Sonnendeck, von wo aus die drei Laufbegeisterten kurz dem 2269 Meter hohen Hafelekar zunicken, bevor sie weiter erzählen. Jannik, der Däne, studiert Mechatronik & Smart Technologies am MCI, der unternehmerischen Hochschule. Maria, die Wörglerin, studiert Jus und zeigt mit ihrem Daumen über die Schulter – zurück zur alten Uni, wo die Rechtswissenschaften zu Hause sind. Carla, die Spanierin, hat das Studium der Physik nach Innsbruck gebracht.
Für viele Studienzweige und auch diesen ist Innsbruck nicht die schlechteste Wahl. Der Quantenphysiker Anton Zeilinger hat lange hier geforscht und gelehrt und wurde 2022 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Im Februar 2023 haben Innsbrucker Physiker einen Quantensprung im Zusammenhang mit Quantennetzwerken gefeiert und das anhaltende alpine Geistesblitz-Gewitter kann auch daran abgelesen werden, dass in den letzten Jahren mehr als 20 Forscherinnen und Forscher der Innsbrucker Universitäten mit ERC Grants, der höchstdotierten Förderung des Europäischen Forschungsrates, ausgezeichnet wurden. Der Gedanke daran, dass am Sonnendeck gerade Studentinnen und Studenten gemütlich relaxen, um bald ähnlich hohe Erkenntnisgipfel erklimmen, hat was. Jannik, Maria und Carla haben für Morgen aber erstmal Erdigeres im Sinn. Früh wollen sie über die Arzler Alm zur Seegrube laufen, um dann rechtzeitig für ihre Vorlesungen wieder in der Stadt zu sein. Charmant einheitlich klingt das Schlüsselwort, um aufzubrechen, weiterzugehen und weiterzuschnüffeln. Ciao!
Schon klar. Inmitten der Bergwelt und mit dem Duft der Freiheit in der Nase ist der Wissensschafts-Standort Tirol ein Gustostück. Wie es schmeckt, erfährst Du hier…